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12.05.1999 12:47

Emotionaler Vulkan und messerscharfer Fußball-Analytiker

Der Mythos Werner Fuchs
wird weiterleben

Aachen (jozi). Wenn der Ball rollte, war er ein emotionaler Vulkan. An der Seitenauslinie durchlebte und durchlitt Werner Fuchs die Spiele seiner Alemannia. Lautstark gab er von der Trainerbank aus Anweisungen, feuerte seine Spieler an, stauchte sie - wenn nötig - vom Spielfeldrand gehörig zusammen.

Vom Heißsporn zum Analytiker

Nach dem Spiel dann häufig die Metarmorphose: Aus dem Heißsporn wurde ein kühler Analytiker. Fuchs war ein Trainer, der ein Spiel lesen konnte, der die Stärken und Schwächen seines Teams erkannte, der es verstand, aus einer Mannschaft das Optimale herauszuholen.

Gerade das war seine große Leistung im vergangenen Jahr. Aus einer Gruppe von durchaus begabten Durchschnittsspielern formte Fuchs ein homogenes Team, eine wirkliche (Spitzen)-Mannschaft. Ohne Fuchs hätte es das Tivoli-Wunder der laufenden Saison nicht gegeben.

Seit fast zwei Jahrzehnten verbunden

Mit Alemannia Aachen war Fuchs seit fast zwei Jahrzehnten eng verbunden. 1984 trat er am Tivoli, kurz nachdem er an der Sporthochschule Köln seine A-Fußball-Lehrerlizenz gebaut hatte, seine erste Trainerstation im bezahlten Fußball an, führte die Schwarz-Gelben an die Spitze der 2. Bundesliga. Drei Jahre später wechselte er zum 1. FC Saarbrücken.

Es folgten Trainerstationen bei Eintracht Braunschweig, beim Bundesligisten Hertha BSC Berlin (1990 - damals spielte noch Mario Basler bei der Hertha), beim VfB Oldenburg und beim Wuppertaler SV. In all diesen Jahren blieb Fuchs jedoch Aachen und der Alemannia verbunden. Er wohnte weiter in seinem Einfamilienhaus in der Soers, nur wenige hundert Meter vom Tivoli entfernt, war häufig Gast bei den Heimspielen der Alemannia.

Von den Fans herbeigeschrieen

Im August 1996 kehrte Fuchs zu seinem Verein zurück, löste mitten in der Saison den erfolglosen Gerd vom Bruch ab. Die Fans hatten ihn wochenlang herbeigeschrieen und herbeigesehnt: "Werner Fuchs - Du bist der beste Mann" schallte es bei fast jedem Heimspiel von den Tribünen.

Fuchs wußte damals um die finanziell prekäre Lage am Tivoli, zeigte sich in seinen Gehaltsvorstellungen eher bescheiden. Akribisch begann er eine neue Mannschaft aufzubauen. Das Umfeld wußte, was es an Fuchs hatte. Trotz Startschwierigkeiten bekam er Rückendeckung vom Präsidium und den Fans.

Das Konzept ging auf

Erste Früchte seiner Arbeit konnte Fuchs im DFB-Pokal mit den Erfolgen gegen Nürnberg und Leipzig ernten. Sein mittelfristiges Konzept ging aber erst in der laufenden Saison auf. Vor der Spielzeit nicht unbedingt als heißer Aufstiegskandidat gehandelt, führte Fuchs Vanderbroek und Co. mit einer Rekordserie von neun Siegen in Folge an die Spitze der Regionalliga.

Um so tragischer, daß Fuchs den größten Erfolg seiner Trainer-Laufbahn nicht mehr erleben darf: Den Aufstieg. Doch wie sagte Stadionsprecher Robert Moonen gestern: "Werner Fuchs wird in Aachen zum Mythos. Er hat für die Mannschaft gelebt und ist für die Mannschaft gestorben."

Präziser Analytiker: Werner Fuchs (rechts) mit seinen Stammspielern Erwin Vanderbroek und Wolfram Klein (links).

Foto: Heike Lachmann



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